19.09. – 13.12.2020
MARC CHAGALL. Von Witebsk nach Paris
Geboren wurde er im russischen Witebsk, in der Kultur des jüdischen „Schtetl“, das ihn und sein Schaffen von frühester Kindheit an prägte. Doch in Paris fand die Kunst von Marc Chagall ihre Erfüllung und Blüte: In dieser Stadt, die Chagalls große Liebe und Hort seiner Inspiration wurde, reiften seine Visionen heran, die es ihm ermöglichten, sein jüdisches Erbe mit den Formen und der Ausdruckskraft der Moderne zu verbinden. Paris wurde zum Hauptgegenstand seiner späten Lithografien, die zum umfassendsten und bedeutendsten druckgrafischen Werk der Moderne neben Picasso gehören. „Das Land, das die Wurzeln meiner Kunst genährt hat, war Witebsk, aber meine Kunst braucht Paris, wie ein Baum Wasser braucht“, betonte Chagall, der wie kein anderer Tradition und Moderne miteinander zu verbinden verstand und somit ein kulturübergreifendes und doch höchst persönliches Werk schuf.
Marc Chagall gilt als einer der eigenwilligsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine scheinbar träumerischen Bildmotive, die von schwebenden und fliegenden Figuren, von Hybridwesen zwischen Mensch und Tier und immer wieder von Liebenden bevölkert werden, entführen den Betrachter in eine Welt, die ganz der Phantasie zu entspringen scheint. Doch er wehrte sich stets dagegen als Phantast bezeichnet zu werden: „Nennt mich einen Phantasten. Im Gegenteil, ich bin Realist. Ich liebe die Erde! Ich bin ein Maler, der unbewusst bewusst ist.“ Für Chagall sind die fliegenden Wesen, die verdrehten Köpfe, die seltsamen Gestalten und die symbolbehafteten Tiere mit konkreten Erinnerungen und Bedeutungen verknüpft. Viele seiner surreal erscheinenden Szenerien entstammen den Sprichwörtern der jüdischen Sprache, seinen Kindheitserinnerungen und seiner Erfahrung als vertriebener und heimatloser Jude im Exil.
Schon früh fühlt sich Chagall zum Künstler berufen. Da er als Jude keine staatliche Akademie besuchen darf, lernt er die Malerei an Privatschulen bei Jehuda Pen in Witebsk und Léon Bakst in St. Petersburg. 1911 geht er nach Paris und richtet sich ein Atelier im berühmten Künstlerhaus „La Ruche“ („Der Bienenkorb“) ein, wo er Guillaume Apollinaire, Blaise Cendrars, Max Jacob, Robert Delaunay, Fernand Léger und Amadeo Modigliani begegnet und die Farbkraft des Fauvismus entdeckt. Doch während einer Reise in die Heimat bricht der Erste Weltkrieg aus und er kann nicht mehr zurück. Er gerät in die Russische Revolution und wird danach zum Kunstkommissar für die Schönen Künste im Gouvernement Witebsk berufen, wo er die Kunstakademie Witebsk mitgründet, an der auch El Lissitzky und Malewitsch lehren.
Enttäuscht vom sozialistischen Kunstprogramm und nach einer Auseinandersetzung mit Malewitsch verlässt er die Sowjetunion im Jahr 1922 und geht über Berlin zurück nach Paris, wo er für den Verleger Vollard erste Illustrationsaufträge erfüllt. 1941 flieht er vor den deutschen Besatzungstruppen in die USA, wo er zwar Erfolge feiert, sich aber nie zuhause fühlt. So kehrt er 1947 nach Paris zurück und erlebt eine künstlerische Wiedergeburt: „Paris, von dem ich in Amerika geträumt hatte und das ich hier reicher, neu belebt wiedergefunden habe, das ist, als hätte ich wiedergeboren werden müssen, die Tränen trocknen, um von neuem zu weinen. Die Abwesenheit, der Krieg, die Leiden waren nötig, damit wirklich all das in mir wieder lebendig wird und das Reich meines Denkens und Lebens bleibt.“
In Paris setzt sich Chagall erneut mit der Druckgrafik auseinander. Er experimentiert mit Strich, Farbe und Leuchtkraft und schafft ein bemerkenswertes und umfangreiches Porträt der Stadt an der Seine. Glas- und Wandmalereien im Ausland bringen ihm internationalen Ruhm ein und manifestieren seine Bedeutung als einer der wichtigsten Künstler der Moderne. Marc Chagall ist bis ins hohe Alter künstlerisch aktiv und stirbt am 28. März 1985 in Saint-Paul-de-Vence. Mit seinem Werk schuf Chagall eine einzigartige Bildsprache, für die es in der Kunstgeschichte kein Pendant gibt.
Die Ausstellung Marc Chagall. Von Witebsk nach Paris widmet sich Chagalls druckgrafischem Spätwerk und präsentiert ca. 70 Grafiken aus den Jahren 1952 bis 1985. Dabei werden insbesondere sein großes Motivrepertoire und dessen Ursprung in der chassidisch-jüdischen Kultur herausgestellt, aber auch seine tiefe Verbundenheit mit Paris sowie sein Selbstbild als Künstler. Als Leihgeber begleitet das Kunstmuseum Pablo Picasso Münster die Ausstellung mit zahlreichen Unikaten und seltenen Zustands- und Probedrucken.
Interaktive Führungen für kunstinteressierte Kinder.
Gemeinsam mit Studenten der Uni Erfurt hat der Kunstverein Avantgarde das Projekt „Audioführung für Kinder“ auf die Beine gestellt, das nun mit der aktuellen Ausstellung „Marc Chagall“ Premiere feiert. Parallel dazu wird erstmals auch eine interaktive Führung durch die Ausstellung angeboten. Der Vogel „David“ leitet die Kinder dabei durch die Ausstellungsräume.
Zudem wurde ein Film über die Arbeitstechnik, die Chagall anwendete, gedreht. Sie können diese Informationsquellen auch gern zur Reflektion außerhalb des Ausstellungsbesuches nutzen.
» Hier geht es zum Kinderprojekt!
Kunsthaus Apolda Avantgarde
Bahnhofstraße 42 | 99510 Apolda
Telefon: 03644 515364 | www.kunsthausapolda.de
Facebook: Kunsthaus.Apolda
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 –17 Uhr
Führungen sind nach telefonischer Voranmeldung montags zwischen 10 und 16.30 Uhr möglich. Aufgrund der Regelungen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie ist eine maximale Gruppengröße von 12 Personen zulässig (Stand: Juli 2020). Bitte informieren Sie sich über die aktuell gegebenen Umstände auf unserer Website oder unserem Social Media Account.
Eintrittspreise:
Erwachsene: 8 € | Ermäßigt: 7 € | Familienkarte: 16 €
Begleitprogramm:
Aufgrund der aktuellen Situation bitten wir Sie unsere Angebote den Aushängen vor Ort oder bei unseren regionalen Kooperationspartnern und unserer Website zu entnehmen.
Veranstalter: Kreis Weimarer Land
Mit freundlicher Unterstützung von:
Kunstverein Apolda Avantgarde e.V. und Kreisstadt Apolda
Kuratoren: Dr. Andrea Fromm & Tom Beege